Sie ist 22, als sie einen Artikel in einer niederländischen Zeitung liest. Die Geschichte, die dort erzählt wird, lässt sie nicht wieder los. Es geht um Jugendliche, die 1942 in Amsterdam jüdische Kinder in Sicherheit brachten und vor dem Transport retteten. „Sie“ ist die Schriftstellerin Astrid Sy, die mittelalterliche Geschichte studiert hatte und damals gerade ein Praktikum machte und Arbeit suchte. 15 Jahre später – am 26. September 2025 – steht sie in einem Klassenraum der BbS ABi vor zukünftigen Rohrleitungsbauern (BRL.25-A). Die 28 Jugendlichen hören ihren englischen Wörtern zu, die von Frances Hoffmann simultan übersetzt werden. Was bringt Menschen dazu, sich zu engagieren? Warum erheben sich Menschen über andere, stigmatisieren sie mit dem Tragen des gelben Sterns, schließen sie aus vom alltäglichen Leben, bringen sie in Lager und töten sie dann? Fragen, die sich die Autorin immer wieder stellt. Astrid Sy verweist auf das immer wiederkehrende Muster und verweist auf die ähnliche Situation heute in Gaza. Die Autorin hat die damaligen Zeitzeugen befragt und ihre Geschichte im Buch „Nenn keine Namen“ erzählt. Zehn Jahre hat sie dafür gebraucht. Denn nebenbei muss man ja arbeiten und Geld verdienen, berichtet sie. „Wer interessiert sich für Geschichte?“, fragt sie zu Beginn die Schüler. Einige Arme gehen hoch. Gekommen ist die Autorin mit historischen Fotos der Zeitzeugen, die die Helden der Geschichte sind, mit Fotos der Gebäude, in denen man damals die Juden unterbrachte. Die Übersetzerin Frances Hoffmann liest aus dem Buch eine Szene vor. Lebendig und anschaulich vermitteln beide diese Geschichte, die auf tatsächlichen Begebenheiten beruht. Der Eindruck ist ein bleibender, einer der beunruhigt. Warum? – ist die Frage, die nachhallt und die Astrid Sy auch in ihrem neuen Buch, das die Sklaverei thematisiert, wieder stellt. Nach der Lesung kommen Autorin und Schüler noch ins Gespräch. Das „Warum“ bleibt.
Ein herzliches Danke an Astrid Sy und Frances Hoffmann, den Friedrich-Bödecker-Kreis, der die Lesung im Rahmen der InterLese und den Austausch von Autoren mit Schülern fördert und die Schulleitung, die die Lesung ermöglichte.
L.Dietsch