Im Namen des Volkes…

… ergeht folgendes Urteil: Der 16-jährige Pole Walerjan Wrobel wird von der deutschen Justiz als Brandstifter (einer Scheune!) zum Tod verurteilt. Ihr glaubt es nicht? Doch, dies ist leider traurige Wahrheit. Wie der junge Wrobel sind während der Zeit des Nationalsozialismus tausende Menschen der Justiz des Dritten Reiches zum Opfer gefallen.  Ob wegen einer Liebesbeziehung zu einem Zwangsarbeiter, oder wegen Abhörens „feindlicher“ Sender, ob wegen Erzählens politischer Witze. Zwischen 1933 und 1945 gab es zahlreiche und unter normalen Umständen als Bagatelle eingestufte Vergehen, die im Namen des Deutschen Volkes mit der Todesstrafe geahndet wurden. Für die Auszubildenden der AVA.22-A/B war es ein Tag bei der Konrad- Adenauer- Stiftung in Magdeburg, der ihnen als zukünftige Verwaltungsfangestellte ganz neue Einsichten in die Rechtsprechung zur Zeit des Nationalsozialismus schenkte. Der Tag begann mit einer Einführung in die damalige Gerichtsbarkeit und dem Besuch der Ausstellung zum Thema. Anschließend wurde in Gruppen zu biografischen Fallbeispielen und Verfahrenskomplexen gearbeitet und geforscht, um auch allen Mitschülern/ innen mittels Präsentationen die vielen Facetten des Staatsterrors im Nationalsozialismus nahezubringen. Den Abschluss des interessanten Tages bildete der sehr bewegende Film „Das Heimweh des Walerjan Wrobel“- ein Film über einen polnischen Jungen, der 1941 zur Zwangsarbeit nach Deutschland gebracht wurde, aber doch einfach nur zurück nach Hause zu seiner Familie wollte. Ein Bremer Sondergericht schickte ihn in den Tod. Übrigens: Walerjan Wrobel lebte wirklich. Das Gerichtsverfahren gegen ihn ist wohl das bekanntestes des Sondergerichts Bremen. Mitte der 1980er Jahre wurde der Prozess neu „aufgerollt“. Auf Antrag der Schwester Wrobels und der Staatsanwaltschaft Bremen entschied das Landgericht Bremen über die Rechtmäßigkeit des damaligen Urteils und hob es mit Beschluss vom 26. November 1987 auf (Aktenzeichen 16 AR 59/87).

Heike Burschitz